Schwergewitter und Überschwemmungen treiben die Naturkatastrophen-Schäden im ersten Halbjahr 2024
31.07.2024
Rückversicherung
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- Hochwasserkatastrophen, extreme Gewitter und zwei Erdbeben verursachen hohe Gesamtschäden von rund 120 Mrd. US$
- Weltweite versicherte Schäden mit 62 Mrd. US$ deutlich höher als im 10-Jahres-Durchschnitt von 37 Mrd. US$
- Zahl der Todesopfer durch Naturkatastrophen ist im Vergleich zu den Vorjahren gesunken
- 68% der Gesamtschäden und 76% der versicherten Schäden durch Schwergewitter, Hochwasser und Waldbrände
Wieder dominieren Wetterkatastrophen vor allem in Nordamerika die Schadenstatistik der ersten Jahreshälfte. Hinzu kommen Überschwemmungen in Regionen, wo sie sehr selten sind, wie in Dubai. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass der Klimawandel eine Rolle bei dieser Entwicklung spielt. Er bringt veränderte Risiken mit sich, an die sich alle – die Gesellschaft, die Wirtschaft und der Versicherungssektor - anpassen müssen, um die zunehmenden Schäden durch wetterbedingte Ereignisse zu dämpfen.
Naturkatastrophen in Zahlen
Die weltweiten Gesamtschäden fielen im ersten Halbjahr 2024 mit 120 Mrd. US$ geringer aus als im Vorjahr (140 Mrd. US$). 2023 war allerdings durch sehr hohe Schäden wegen des schweren Erdbebens in der Türkei und Syrien geprägt. Im längerfristigen Vergleich aber übertrafen die Gesamtschäden im ersten Halbjahr 2024 die Halbjahresdurchschnittswerte der vergangenen zehn bzw. 30 Jahre deutlich.
Die versicherten Schäden lagen etwas über dem Vorjahresniveau von 60 Mrd. US$ und deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen zehn bzw. 30 Jahre (inflationsbereinigt 37 bzw. 24 Mrd. US$). Auffällig ist, dass der Schadenanteil der wetterbedingten “Non-Peak Perils” – dazu zählen schwere Unwetter, Hochwasser und Waldbrände – erneut hoch ist: 68 % der Gesamtschäden und 76 % der versicherten Schäden entfielen auf diese Naturkatastrophen.
Die teuersten Naturkatastrophen des
ersten Halbjahres 2024
Die teuerste Naturkatastrophe des ersten Halbjahres war ein Erdbeben in Japan am Neujahrstag. Es erschütterte mit einer Magnitude von 7,5 die japanische Westküste nahe der Noto-Halbinsel. Zahlreiche Gebäude stürzten ein, tausende Menschen blieben wochenlang ohne Strom und Wasser. Mehr als 200 Menschen kamen ums Leben. Geschätzt betrug der Gesamtschaden rund 10 Mrd. US$, der versicherte Schaden rund 2 Mrd. US$.
Das Land gilt als gut vorbereitet auf Naturkatastrophen: Vorbeugende Maßnahmen wie erdbebenresistente Bauweisen, fortschrittliche Frühwarnsysteme und eine robuste Katastrophenschutzstrategie retten im Katastrophenfall viele Menschenleben.
Aktive Unwetter-Saison in USA
Serien von schweren Gewittern trieben die Schadenszahlen in der ersten Jahreshälfte in den USA. Rund 1.250 Tornados wurden im Zeitraum von Januar bis Juni durch den amerikanischen Wetterdienst National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) gemeldet, deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt (820).
Bisher ist das erste Halbjahr 2024 in USA das viertteuerste Jahr für Schwergewitterschäden mit Gesamtschäden von 45 Mrd. US$, davon waren mehr als 34 Mrd. US$ versichert. Ein Jahr zuvor lag die Gesamtschadenssumme für das erste Halbjahr bei etwa 52 Mrd. US$. Die versicherten Schäden betrugen 40 Mrd. US$.
Globale Temperaturen auf Allzeithoch
Von Januar bis Juni 2024 lag die globale Durchschnittstemperatur etwa 1,5°C über dem vorindustriellen Vergleichszeitraum. Die Wissenschaft betont zwar, dass ein einzelnes Jahr über 1,5°C noch kein Überschreiten der Pariser Klimaziele bedeutet. Allerdings zeigt der Temperaturtrend weiter nach oben. Nicht nur die mittleren Temperaturen waren an fast allen Orten weltweit im ersten Halbjahr überdurchschnittlich hoch, auch Hitzerekorde wurden weltweit gebrochen.
In weiten Teilen Saudi-Arabiens beispielsweise wurden Mitte Juni Temperaturen von mehr als 50°C gemessen, Neu-Delhi in Indien verzeichnete im Mai Rekordwerte von 49,9°C. Die US-Wetterbehörde NOAA geht derzeit davon aus, dass das Jahr 2024 zu den fünf wärmsten Jahren seit 1850 gehört und mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 % sogar das wärmste Jahr bisher wird.
Hitzewellen und Dürreperioden führen nicht nur zu einem Anstieg der Todesfälle durch Hitzschläge, sondern begünstigen auch Waldbrände. In Texas verbrannte der größte Waldbrand in der Geschichte des US-Bundestaats eine Fläche von mehr als 400.000 Hektar, das entspricht in etwa der Fläche der spanischen Insel Mallorca. Im Mai brachen im Westen Kanadas ungewöhnlich früh riesige Brände aus, tausende Menschen wurden evakuiert. Beide Brände verschonten dicht besiedelte Städte und Industriegebiete, wodurch extreme Schäden ausblieben.
Hohe Wassertemperaturen und La Niña könnten Hurrikan-Aktivität erhöhen
Im Nordatlantik gibt es weiterhin Indikatoren für eine heftige Hurrikan-Saison. Der Klimawandel spielt eine entscheidende Rolle dafür, dass die Wassertemperaturen besonders hoch sind, und damit auch besonders viel Energie für die Entstehung von Hurrikanen zur Verfügung steht. Aber auch der natürliche ENSO-Zyklus (El Niño / Southern Oscillation) beeinflusst die Eintrittswahrscheinlichkeit der Stürme.
Das vergangene Jahr war geprägt von El Niño-Bedingungen, was tendenziell die Entstehung von Hurrikanen dämpft. Trotzdem gab es 2023 mit 20 benamten Stürmen die viertaktivste Hurrikan-Saison bislang. In diesem Jahr bleibt der unterdrückende Effekt von El Niño aus. Zusätzlich sind die sehr hohen Wassertemperaturen im Nordatlantik förderlich für die Entstehung von Hurrikanen. Die Temperatur der Meeresoberfläche ist unverändert auf Rekordniveau und um 0,5°C bis 1,0°C über dem 30-jährigen Durchschnitt. Beide Faktoren zusammen könnten also Wirbelstürme im Nordatlantik begünstigen.
„Die sich ändernde Statistik der Wetterdaten sendet immer deutlichere Signale. Viele der zuletzt gesehenen Rekorde sind ohne den Klimawandel kaum erklärbar. Eine um ein Grad erwärmte Atmosphäre kann 7 % mehr Feuchtigkeit aufnehmen – das bedeutet mehr Energie für Wetterextreme und schwere Niederschläge. Munich Re ist dank ihrer führenden Risikoexpertise in der Lage, Naturkatastrophenrisiken in großem Umfang zu decken. Die Basis für diese Expertise haben wir vor 50 Jahren gelegt, als wir den ersten Meteorologen einstellten”, kommentiert Ernst Rauch, Chef-Klimatologe von Munich Re.
Regionaler Überblick
Nord- und Südamerika
Tornados und Unwetterserien samt Hagelstürmen sorgten im ersten Halbjahr wie üblich für einen hohen Anteil Nordamerikas an den weltweiten Schäden. Die Schäden für alle Schadenereignisse der Region beliefen sich auf 60 Mrd. US$, davon waren rund 44 Mrd. US$ versichert.
Neben Schwergewittern hinterließ Anfang des Jahres auch ein heftiger Wintereinbruch Milliardenschäden. Nahezu jeder US-Bundesstaat gab Wintersturmwarnungen aus. Arktische Luftmassen brachten Rekordkälte und schwere Schneefälle. Unzählige Stromausfälle, Straßensperrungen und Flugverspätungen waren die Folge. Mehr als 2.500 lokale Rekorde für Tiefsttemperaturen wurden gebrochen. Im Süden der USA verursachten danach langanhaltende, heftige Regenfälle in Verbindung mit schmelzenden Schneemassen Überschwemmungen in Teilen von Texas und Louisiana. Der Januar war der feuchteste Monat seit zehn Jahren in den USA.
In Südamerika war Brasilien von extremen Überflutungen im April und Mai betroffen. Elf Tage starke Regenfälle in der Summe von bis zu 420 mm führten im Bundesstaat Rio Grande do Sul im Süden zu schweren Erdrutschen und Überschwemmungen. Gebäude stürzten ein, Brücken und Straßen wurden zerstört, 181 Menschen starben. Mehr als 90 % der Region waren überflutet, was etwa der Fläche Großbritanniens entspricht. Es war eine der schwersten Hochwasserkatastrophen seit 80 Jahren in Brasilien. Mit einem geschätzten Gesamtschaden von rund 7 Mrd. US$ reiht sich die Überschwemmung als drittgrößte Katastrophe in die weltweite Naturkatastrophenbilanz des ersten Halbjahres ein. Der versicherte Anteil betrug etwa 2 Mrd. US$.
Europa
Im Mai kam es in Deutschland zu schweren Stürmen und Überschwemmungen. In vereinzelten Regionen fielen innerhalb weniger Tage bis zu 135 mm Niederschlag. Da die Niederschläge bereits in den Monaten zuvor weit überdurchschnittlich waren, nahmen die gesättigten Böden wenig Wasser auf. Zahlreiche Flüsse traten über die Ufer, Bäche wurden zu reißenden Strömen. Einige Flüsse erreichten an mehreren Stellen die höchste Warnstufe 4. Das teuerste Schadenereignis war eine Überschwemmung im süddeutschen Raum mit Gesamtschäden von rund 5 Mrd. US$, davon 2,2 Mrd. US$ versicherte Schäden.
Auslöser war eine so genannte Vb-Wetterlage, auch "Genua-Tief" genannt. Dabei wird warme, feuchte Mittelmeerluft vom nordwestlichen Mittelmeerraum an den Alpen vorbei nach Norden geführt, was besonders an der Nordseite der Alpen und weiter nördlich in Mitteleuropa zu starken Regenfällen und Stürmen führt. Nach Einschätzung von Forschern bringen solche Wetterlagen bei fortschreitendem Klimawandel immer höhere Niederschlagsmengen.
Asien/Pazifik und Afrika
Nach dem Erdbeben in Japan im Januar mit Milliardenschäden bebte im April auch die Erde nahe Hualien in Taiwan. Das Erdbeben der Magnitude 7,3 war die größte Katastrophe in der Region seit 1999. Die Gesamtschäden beliefen sich auf 4,6 Mrd. US$, davon waren rund 0,8 Mrd. US$ versichert.
Weltweite Aufmerksamkeit erreichten die ungewöhnlichen, massiven Überflutungen, unter anderem in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Oman und anderen Ländern der Region im April. In Dubai regnete es so stark wie in den vergangenen 75 Jahren nicht. Eine Studie kam zu dem Schluss, dass neben dem El Niño-Phänomen auch der Klimawandel solche epochalen Regenfälle aufgrund wärmerer Temperaturen und erhöhter Feuchtigkeit in der Atmosphäre begünstigt. Am Dubai International Airport waren mehr als 1.500 Flüge verspätet oder mussten annulliert werden. Der Gesamtschaden für die Region wird auf 8,3 Mrd. US$ geschätzt, die versicherten Schäden betragen 2,8 Mrd. US$.
Unter anderen in der chinesischen Provinz Guangdong führten heftige Regenfälle zu schweren Überschwemmungen. Häuser, Straßen und Brücken wurden zerstört und verursachten so immense wirtschaftlichen Schäden in Höhe von mindestens 5 Mrd. US$. Der versicherte Anteil war sehr gering. Als Folge des Klimawandels erwarten Wissenschaftler, dass die Häufigkeit und Intensität sintflutartiger Regenfälle in vielen anderen Teilen der Welt, darunter Asien, Nordwesteuropa und Nordostamerika, zunehmen werden.
Monatelange Regenfälle und Überschwemmungen aufgrund des saisonalen Monsuns führten in Ostafrika zu Hochwasser, besonders in Kenia, Tansania, Burundi und Somalia. Zusätzlich trafen die Wirbelstürme Hidaya und Ialy die Region im Mai und intensivierten das Ausmaß der Zerstörung. 283 Menschen kamen ums Leben, rund eine halbe Million Menschen floh aus der Region.
Insgesamt verursachten Naturkatastrophen in den Regionen Asien/Pazifik und Afrika im ersten Halbjahr Gesamtschäden von 40 Mrd. US$, davon waren wegen der nach wie vor großen Versicherungslücke nur etwa 9 Mrd. US$ versichert. Sowohl die Gesamt-, als auch die versicherten Schäden lagen über den Durchschnittswerten der vergangenen zehn Jahre von 29 Mrd. US$ für den Gesamtschaden und 4,1 Mrd. US$ für den versicherten Schaden.
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Munich Re ist ein weltweit führender Anbieter von Rückversicherung, Erstversicherung und versicherungsnahen Risikolösungen. Die Unternehmensgruppe besteht aus den Geschäftsfeldern Rückversicherung und ERGO sowie dem Vermögensmanager MEAG. Munich Re ist weltweit und in allen Versicherungssparten aktiv. Das Unternehmen zeichnet sich seit der Gründung im Jahr 1880 durch einzigartiges Risiko-Knowhow und besondere finanzielle Solidität aus. Mit diesen Stärken unterstützt Munich Re die Geschäftsinteressen der Kunden und den technischen Fortschritt. Munich Re entwickelt Deckungen für neuartige Risiken wie Raketenstarts, erneuerbare Energien, Cyberrisiken oder künstliche Intelligenz. Im Geschäftsjahr 2023 erzielte Munich Re einen Versicherungsumsatz von 57,9 Mrd. Euro und ein Konzernergebnis von 4,6 Mrd. Euro. Weltweit beschäftigt Munich Re rund 43.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Stand 31. Dez. 2023).
Disclaimer
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