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Aktionärsbrief

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    Joachim Wenning
    Dr. Joachim Wenning
    Vorsitzender des Vorstands Münchener Rück AG

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    das vergangene Jahr verlief für Munich Re sehr gut. Zum dritten Mal in Folge ist es gelungen, unser Gewinnziel zu übertreffen. Mit einem Ergebnis von 4,6 Milliarden Euro hat Ihr Unternehmen 600 Millionen Euro mehr verdient, als wir uns für 2023 ursprünglich vorgenommen hatten.

    An diesem wirtschaftlichen Erfolg möchten wir Sie auch in diesem Jahr angemessen beteiligen. Ihre Zustimmung bei der Hauptversammlung vorausgesetzt, wird die Dividende um 3,40 Euro auf nun 15 Euro je Aktie signifikant erhöht und damit auf ein neues Niveau gehoben. Darüber hinaus haben wir einen neuen, erhöhten Aktienrückkauf von 1,5 Milliarden Euro beschlossen.

    2023 markiert damit den vorläufigen Höhepunkt der Wertschaffung im Sinne unserer Aktionäre: Über Dividenden und Aktienrückkäufe haben wir in den letzten zehn Jahren 22,9 Milliarden Euro Kapital zurückgeführt. Das sind im Durchschnitt 2,29 Milliarden Euro pro Jahr. Unsere Bilanz und Kapitalausstattung sind sehr stark. Strategisch und finanziell stehen uns damit alle Optionen für Wachstum, Investitionen und Ausschüttungen offen. Unsere Solvenzquote liegt mit 267 % weiterhin oberhalb des optimalen Bereichs.

    Wir befinden uns mitten in der Umsetzung unserer Strategie „Ambition 2025“, die die Geschäftsjahre 2021 bis einschließlich 2025 umfasst und unsere mittelfristigen Finanzziele definiert. Neben einer soliden Kapitalausstattung streben wir bis 2025 eine Eigenkapitalrendite von 14 % bis 16 % sowie ein Wachstum des Gewinns je Aktie und der Dividende um durchschnittlich mindestens 5 % pro Jahr an. 2023 stand die Eigenkapitalrendite bereits bei 15,7 %. Beim Gewinn je Aktie liegt das durchschnittliche jährliche Wachstum seit 2021 bei knapp 20 %, bezogen auf die Dividende bei gut 15 %.

    Vom Kapitalmarkt werden unsere geschäftlichen Erfolge honoriert. In den ersten drei Jahren der Ambition 2025 stieg unser Aktienkurs um knapp 60 % – der DAX legte im selben Zeitraum lediglich um 22 % zu. 2023 durchbrach die Munich Re Aktie erstmals die 400-Euro-Marke und befand sich damit auf einem neuen historischen Hoch. Bei der Aktionärsrendite, also den Erträgen aus Kurssteigerungen und Dividenden, haben wir den Vorsprung auf unsere Wettbewerber im mehrjährigen Vergleich weiter ausgebaut. Kein anderer der acht führenden europäischen Rück- und Erstversicherer hat in der laufenden Dekade mehr Wert für seine Aktionäre geschaffen als Munich Re.

    Unser Unternehmen ist kerngesund – die Welt um uns herum ist es nicht. Die vergangenen Jahre waren geprägt vom Nebeneinander einer Vielzahl von Großkrisen, die auch der Versicherungsindustrie zugesetzt haben. Die Planung unserer Ambition 2025 fiel mitten in die Anfangszeit der CoronaPandemie, die uns im ersten Umsetzungsjahr 2021 noch stark belastete. Es folgten 2022 der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine und mit ihm ökonomische Turbulenzen in Form volatiler Kapitalmärkte, extremer Inflationsraten und eines abrupten Zinsanstiegs. Der Klimawandel geriet angesichts der unmittelbaren Bedrohungen fast etwas in Vergessenheit, obwohl die Welt von verheerenden Naturkatastrophen heimgesucht wurde, etwa der Ahrtal-Flut in Deutschland im Sommer 2021 oder dem Hurrikan Ian in den USA im Herbst 2022.

    2023 war in dieser Hinsicht, insbesondere infolge des Erdbebens in der Türkei und in Syrien, keine Ausnahme: 74.000 Menschen starben durch Naturkatastrophen – erheblich mehr als im langjährigen Durchschnitt. Die Inflation ist zwar spürbar zurückgegangen, liegt aber immer noch deutlich über dem Zielwert für Preisstabilität. Geopolitische Spannungen haben weiter zugenommen. Die Eskalation im Nahen Osten ist das jüngste Beispiel. In der Ukraine halten das Leid der Menschen und die Zerstörungen jetzt schon über zwei Jahre an. Dazu kommt der weiterhin schwelende Konflikt zwischen den Supermächten USA und China in der Taiwan-Frage. Jeder dieser Kriege und Konflikte hat das Potenzial, sich über die unmittelbar betroffenen Regionen hinaus zu einem Flächenbrand mit ungewissem Ausgang und massiven humanitären und ökonomischen Folgen zu entwickeln. Die Unsicherheiten sind groß.

    Bis dato haben wir alle genannten externen Schocks gut verkraftet. Munich Re steht auf einem stabilen Fundament und erwirtschaftet zuverlässig hohe Erträge. Mit dem konsequenten Ausbau von Geschäftsbereichen mit weniger volatilem Ertragsprofil – dazu zählen ERGO, die Lebensrückversicherung sowie unser jüngstes Ressort Global Specialty Insurance – und einer rigorosen Performanceorientierung haben wir unseren Konzern widerstandsfähig gegenüber Schwankungen in der Schaden/Unfall-Rückversicherung bzw. der Kapitalanlage gemacht.

    Das Geschäftsfeld ERGO hat 2023 ein Ergebnis von rund 720 Millionen Euro erzielt und damit das Jahresziel erreicht. Im internationalen Geschäft hat ERGO den Versicherungsumsatz deutlich gesteigert. Vor allem das Wachstum im Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft in Polen sowie im Gesundheitsgeschäft in Belgien und Spanien unterstützten diese positive Entwicklung. Zum Anstieg des Versicherungsumsatzes hat auch der vollständige Einbezug des thailändischen Schaden- und Unfallversicherungsgeschäfts in den Konzernabschluss beigetragen. Im Segment Schaden/Unfall Deutschland ist der Versicherungsumsatz ebenfalls gestiegen, was im Wesentlichen auf das Geschäft in der Haftpflicht- und der Kfz-Versicherung zurückzuführen war. Im Segment Leben/Gesundheit Deutschland trugen im Gesundheitsgeschäft hauptsächlich Ergänzungsversicherungen sowie die Reiseversicherung zu einem fortgesetzten Umsatzwachstum bei. Zugleich blieb die Nachfrage nach biometrischen Absicherungen und kapitaleffizienten Anlageprodukten hoch.

    Die rundum positive Geschäftsentwicklung spiegelt sich auch im Zuspruch unserer Kunden. Aus regelmäßigen Befragungen wissen wir, dass die Kundenzufriedenheit in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Dieser Trend hat sich 2023 fortgesetzt. Die höchsten Zufriedenheitswerte erreicht ERGO im Hinblick auf die Bearbeitung von Schäden bzw. Leistungen.

    Das Geschäftsfeld Rückversicherung hat mit einem Ergebnis von rund 3,9 Milliarden Euro abgeschlossen. Im Segment Schaden/Unfall belasteten uns erneut hohe Naturkatastrophenschäden. Trotz einer relativ glimpflichen Hurrikansaison summierten sich die versicherten Schäden auf 95 Milliarden US-Dollar. Der Zehnjahresdurchschnitt liegt bei 90 Milliarden US-Dollar. Andererseits profitierten wir vom anhaltenden Hartmarkt. Wir erzielten nicht nur höhere Margen, sondern konnten unser Geschäft auch weiter ausbauen.

    Einen wachsenden Umsatz- und Ergebnisbeitrag hat auch das 2023 neu eingerichtete Vorstandsressort Global Specialty Insurance geleistet. Außerdem sehr positiv entwickelte sich unser Geschäft in der Rückversicherung Leben/Gesundheit, sowohl im Hinblick auf die Übernahme biometrischer Risiken als auch bezüglich finanziell motivierter Rückversicherungslösungen insbesondere zur Finanzierung und Kapitalentlastung unserer Zedenten. Das versicherungstechnische Gesamtergebnis des Segments lag bei knapp über 1,4 Milliarden Euro und damit deutlich über der ursprünglichen Erwartung von 1,0 Milliarden Euro.

    Unsere Rückversicherungskunden schätzen uns. Der „Net Promoter Score“, eine branchenübergreifend anerkannte Kennzahl zur Messung der Kundenzufriedenheit, die wir alle zwei Jahre im Rahmen einer weltweiten Kundenbefragung erheben, steigt seit Jahren auf hohem Niveau kontinuierlich an. Verlässlichkeit, Berechenbarkeit, konsistentes Handeln sowie Beständigkeit im Bereitstellen von hohen Kapazitäten zeichnen uns aus.

    Die exzellente Geschäftsentwicklung in der Versicherung hat uns zusätzlichen Gestaltungsspielraum bei der Kapitalanlage eröffnet. So haben wir 2023 durch den Verkauf festverzinslicher Wertpapiere bewusst Verluste realisiert, um bei der Wiederanlage schneller vom aktuell höheren Zinsniveau zu profitieren. Auf diese Weise verbessern wir die künftige Ertragsentwicklung. Die Wiederanlagerendite stieg im vergangenen Jahr entsprechend von 2,8 % auf 4,5 %, die Kapitalanlagerendite von 2,1 % auf 2,5 %.

    Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Munich Re hervorragend positioniert ist, um die Ziele der Ambition 2025 vollumfänglich zu erfüllen. Das positive Momentum hält auch im laufenden Jahr an. Der erfreuliche Trend aus den Vertragserneuerungsrunden der vergangenen Jahre hat sich bei der Januar-Erneuerung 2024 verstetigt. So konnten wir das bereits hohe Profitabilitätsniveau mit insgesamt stabilen Preisen beibehalten. Das Beitragswachstum belief sich auf 3,5 %, wobei wir nur dort mehr Geschäft gezeichnet haben, wo es attraktiv erschien. Zugleich haben wir aktiv Geschäft aufgegeben, das unsere Erwartungen in Bezug auf Konditionen oder Preise nicht mehr erfüllt hat.

    Dem anhaltend guten Geschäftsverlauf entsprechend, wollen wir das Konzernergebnis weiter steigern und nehmen uns für 2024 ein Gewinnziel von 5 Milliarden Euro vor. Der Versicherungsumsatz der Gruppe wird voraussichtlich bei 59 Milliarden Euro liegen und die Kapitalanlagerendite dürfte sich merklich auf über 2,8 % verbessern.

    Neben dem Streben nach wirtschaftlichem Erfolg sind Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Compliance, bekannt unter der Abkürzung ESG, elementare Bestandteile unserer Geschäftstätigkeit. Wir verfolgen unsere ESG-Ziele mit derselben Konsequenz, die wir zur Erreichung der finanziellen Ziele an den Tag legen. Im Rahmen der Ambition 2025 widmen wir uns in diesem Kontext vor allem zwei Themen: der Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen sowie der Dekarbonisierung unseres Investment- und Versicherungsgeschäfts.

    Bei Ersterem haben wir den Zielwert von 40 % für 2025 infolge einer kontinuierlichen Steigerung in den letzten drei Jahren fast erreicht. Ende 2023 lag der Anteil von Frauen in Führungspositionen konzernweit bei 39,5 %. Im Hinblick auf die Dekarbonisierung haben wir im vergangenen Jahr erhebliche Fortschritte erzielt: Im Versicherungsgeschäft liegen die TreibhausgasEmissionen bei Kohlekraftwerken und im thermischen Kohleabbau nun jeweils um 41 % und beim Sachversicherungsgeschäft in der Öl- und Gasförderung sogar um 80 % unter den Vergleichswerten des Basisjahrs 2019. In der Kapitalanlage blieb die Reduktion mit 47 % stabil auf hohem Niveau. Zugleich haben wir unsere Investitionen in erneuerbare Energien weiter ausgebaut: Das Investitionsvolumen stieg 2023 signifikant von 2,4 auf nun 3,1 Milliarden Euro an.

    Die Zwischenbilanz nach drei der auf fünf Jahre angelegten Ambition 2025 fällt in jeder Hinsicht sehr positiv aus. Unsere knapp 43.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit setzen alles daran, auch in den verbleibenden zwei Jahren bis 2025 alle gegebenen Versprechen zu erfüllen. Wir sind alle zuversichtlich, dass uns das gelingt.

    Ihnen, liebe Aktionärinnen und Aktionäre, danke ich für Ihr Vertrauen in unser Unternehmen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr
    Joachim Wenning