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Hohes Schadenpotenzial, kaum Absicherung
Hohes Schadenpotenzial, kaum Absicherung
© Jia Ce / picture alliance / dpa
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    Mit wachsendem Wohlstand steigt die Wertekonzentration in den Ballungsräumen Chinas. Trifft einer der jährlich über das Land ziehenden tropischen Wirbelstürme eine der vielen Millionenmetropolen mit voller Wucht, ist das Zerstörungspotenzial enorm. Ohne vermehrten Versicherungsschutz besteht die Gefahr, dass die finanzielle Last die wirtschaftliche und soziale Entwicklung beeinträchtigt. Und durch den Klimawandel nimmt die Gefährung der Ostküste Chinas durch Taifune vermutlich sogar noch etwas zu.

    Wie wichtig Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden sind, zeigt die Wirbelsturmsaison des laufenden Jahres: Bis Ende August entstanden im Nordwestpazifik 21 tropische Wirbelstürme, deutlich mehr als im langfristigen Durchschnitt. Zehn der Stürme erreichten Taifunstärke, ebenfalls mehr als üblich. Neun der tropischen Wirbelstürme gingen in China an Land, einer davon als Taifun der Stufe 2 mit Windgeschwindigkeiten bis zu 150 km/h. Im August traf Taifun Rumbia als tropischer Sturm mit extremen Niederschlägen direkt den Großraum Schanghai. Trotz relativ geringer Windgeschwindigkeiten wurden mehrere zehntausend Gebäude beschädigt oder zerstört.

    Komplexe geologische und klimatische Gegebenheiten machen das Reich der Mitte anfällig für Naturkatastrophen. Im Binnenland müssen die Bewohner entlang des weitverzweigten Flusssystems mit Überflutungen rechnen. Bislang teuerstes Überschwemmungsjahr war 1998, als sich die Schäden vor allem entlang des Jangtse auf 33 Mrd. US$ (in Werten von 2017) summierten. Nach einigen ruhigeren Jahren traten 2016 neuerlich außergewöhnliche Schäden über 28 Mrd. US$ auf, davon waren 98 Prozent nicht versichert. Trotz der ähnlichen Ausgangslage und der vergleichbaren Gesamtfolgen unterscheiden sich 1998 und 2016 signifikant. Die Überschwemmungen vor 20 Jahren beruhten überwiegend auf Flusshochwasser. Das Katastrophenjahr 2016 hingegen setzte sich aus vielen intensiven, oft lokalen Einzelereignissen zusammen.

    Prozentuale Verteilung schwerer Naturkatastrophen in China

    Noch größeres Schadenpotenzial entfalten Erdbeben. Das Beben vom 12. Mai 2008 in der Provinz Sichuan, bei dem mehr als 87.000 Menschen starben und Schäden von 107 Mrd. US$ (in Werten von 2017) entstanden, ist bis heute die schwerste Naturkatastrophe in China. Gefährdet ist vor allem der Westen des Landes, wo am Himalaya katastrophale Beben entstehen können. Doch auch in anderen Teilen Chinas muss durch lokale Verwerfungen mit zerstörerischen Beben gerechnet werden.

    Nicht ausreichend im Bewusstsein verankert ist die wachsende Exponierung gegenüber tropischen Wirbelstürmen, die zwischen Juni und November entlang beinahe der gesamten Südostküste auftreffen können. Unter den Naturkatastrophen, die zwischen 1980 und 2017 Schäden von rund 630 Mrd. US$ in China auf sich vereinten, waren 126 Mrd. US$, also etwa jeder fünfte Dollar tropischen Wirbelstürmen zuzurechnen. Gemessen an der Zahl der Ereignisse war es jedes siebte Ereignis. Taifun Fitow, der im Oktober 2013 über die Ostküste Chinas hinweggezogen ist, zählt mit gesamtwirtschaftlichen Schäden von rund 8 Mrd. US$ zu den zehn teuersten Naturkatastrophen des Landes der vergangenen 10 Jahre.

    Bei Fitow trat ein grundlegendes Problem zutage: Von den Gesamtschäden waren lediglich rund 700 Mio. US$ oder 9 Prozent versichert. Noch schlechter sieht die Bilanz im Zeitraum von 1980 bis 2017 aus, als im Durchschnitt 4,4 Prozent der Schäden aus tropischen Wirbelstürmen versichert waren. Erschwerend hinzu kommt, dass das Schadenpotenzial durch den raschen Wertezuwachs in einem aufstrebenden Land wie China sprunghaft zugenommen hat und weiter steigt. Unübersehbare Zeichen des Wohlstands sind die Skylines der chinesischen Metropolen, die vom ungebrochenen Hang zur Landflucht profitieren. 2011 lebten erstmals mehr Chinesen in den Städten als auf dem Land, und nach Prognosen der Vereinten Nationen dürfte dieser Anteil bis 2050 auf 80 Prozent zunehmen.

    Das starke Wachstum der Ballungszentren, gerade in hochexponierten Gebieten, führt zu immer höheren Wertekonzentrationen. Wird solch eine Wertkonzentration direkt von einem Taifun betroffen, können die Schäden ein enormes Ausmaß erreichen, weit jenseits der bisherigen historischen Erfahrungen.

    Hinzu kommt: Durch den Klimawandel ist die Gefährdung der Ostküste Chinas durch Taifune nach Erkenntnissen von Forschern etwas gestiegen, da sich die Zugbahnen der Stürme leicht nach Norden verlagert haben. Für die Zukunft geht die Wissenschaft davon aus, dass durch die Folgen des Klimawandels die Zahl der tropischen Wirbelstürme im Westlichen Nordpazifik abnehmen wird. Allerdings könnte nach diesen Projektionen die Anzahl sehr starker Stürme, also Taifune der höchsten Saffir-Simpson-Kategorien 4-5, in vielen Regionen des Westlichen Nordpazifiks eher zunehmen.

    Umso wichtiger sind Vorsorge und Versicherung. Bei der Hochwasserprävention hat das Land bereits große Fortschritte erzielt. Im Rahmen eines umfangreiches Programms nach der Flutkatastrophe 1998 hat die Regierung Milliarden investiert, nicht nur in Deiche, sondern auch in die Hochwasservorhersage. Mit Erfolg: Die Auswirkungen der jährlichen Hochwasser sind trotz höherer Wertekonzentration rückläufig. Die neue Strategie sieht zudem vor, Hochwasser zu managen und das Risiko zu reduzieren, anstatt den bestmöglichen Schutz anzustreben. Die Prävention für lokale Starkniederschläge genießt allerdings noch wenig Beachtung, wie die Ereignisse vom Sommer 2016 zeigten.

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    Großes Potenzial für Versicherungen

    Obwohl die Regierung seit Jahren für mehr Versicherung wirbt, offenbart der Versicherungsschutz bei Naturkatastrophen generell und bei tropischen Wirbelstürmen im Speziellen eine große Lücke. Im Bereich der Schaden- und Unfallversicherung lag die Durchdringung zuletzt bei 1,3 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt. China liegt somit auf dem Niveau der aufstrebenden Länder Asiens, die es im Schnitt auf 1,2 Prozent bringen, aber deutlich unter den weltweiten Industrieländern. Bei einem genaueren Blick zeigt sich allerdings, dass in China nur rund ein Zehntel der Schaden- und Unfallversicherungsprämien auf die Sachversicherung entfallen, einen weitaus größeren Anteil macht dagegen die Kfz-Versicherung aus.

    Ein Grund für die geringe Versicherungsdurchdringung ist das fehlende Risikobewusstsein. Außerdem vertrauen die meisten Menschen darauf, dass der Staat sie in Notlagen unterstützen wird. Auf der anderen Seite gibt es in China erste Ansätze, um die lokale Resilienz zu stärken. Kommunen erwerben dabei Versicherungsschutz für ihre Bürger. Das soll zumindest einen Teil der Schäden nach einer Katastrophe kompensieren.

    Die Erkenntnis, dass sich derartige Versicherungssysteme für alle Beteiligten lohnen, ist noch wenig verbreitet. Überzeugungsarbeit verbunden mit der Information, unter welchen Bedingungen Versicherungslösungen überhaupt möglich sind, könnten Abhilfe schaffen. Dazu gehören insbesondere Gefährdungskarten, Daten zu Schadenerfahrungen, aber auch zu den Werteverteilungen in unterschiedlichen Gebieten. Eine höhere Versicherungsdichte wäre zu begrüßen, um den betroffenen Menschen nach einer Katastrophe rasch wieder finanziell auf die Beine zu helfen. Und sie wäre volkswirtschaftlich sinnvoll, da sich breiter gestreute Risiken besser schultern lassen.

    Munich Re Experten
    Christoph Hoch
    Chief Executive Greater China

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