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Wasser und Katastrophen
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    Fragen an Dr. Han Seung-soo. Er ist Sondergesandter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Disaster Risk Reduction and Water, Vorsitzender des UN High-Level Experts and Leaders Panel on Water and Disasters (HELP) sowie Sonderberater des UN High-Level Panel on Water (HLPW)

    Dr. Han, welche Bedeutung haben wasserbedingte Risiken in der Welt von heute?

    Im vergangenen Jahrzehnt waren die Katastrophen, an denen Wasser in irgendeiner Form beteiligt war, nicht nur häufiger, sondern auch verheerender. Das beeinträchtigte nicht nur die nachhaltige Entwicklung, sondern führte in vielen Ländern zu politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen. Gemessen an der Zahl der betroffenen Menschen werden insgesamt 90 Prozent aller Katastrophen von Ereignissen verursacht, bei denen Wasser oder Wassermangel eine Rolle spielen. Hierzu zählen Dürren ebenso wie Überschwemmungen, Sturmfluten, Wirbelstürme, Unwetter und Tsunami. Allein im Jahr 2017 ereigneten sich auf nahezu allen Kontinenten verheerende Katastrophen.

    In vielen Teilen der Welt herrschen anhaltende Dürreverhältnisse, so auch am Horn von Afrika. Die Katastrophen haben tragische Folgen: Menschen verlieren ihr Leben oder ihre Existenz, Nutztiere gehen zugrunde und Sachvermögen sowie kritische Infrastruktur werden zerstört. Die Schäden aus einem einzigen  Katastrophenfall summieren sich in manchen Ländern bisweilen auf 15 bis 20 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts. Berücksichtigt man auch die indirekten Folgen, wären die Zahlen noch höher. Darüber hinaus verschärft der Klimawandel die Extreme bei hydrometeorologischen Ereignissen. Dies, zusammen mit anderen globalen Änderungsfaktoren – Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und zunehmender Wertekonzentration – lässt wasserbedingte Katastrophen nicht nur häufiger, sondern auch gravierender werden.

    Die internationale Gemeinschaft muss dringend handeln. Wir müssen den Fokus auf die Katastrophenvorsorge legen und die ehrgeizigen Ziele umsetzen, die im Rahmen des Sendai Framework, des Pariser Abkommens und der Nachhaltigkeitsziele vereinbart wurden. Nur so lassen sich wiederholte Tragödien vermeiden sowie und der Nachhaltigkeitsziele vereinbart wurden. Nur so lassen sich wiederholte Tragödien vermeiden sowie Fortschritt und nachhaltige Entwicklung für alle Menschen erreichen.

    Was will der UN-Generalsekretär  mit HELP und HLPW erreichen?

    HELP wurde ins Leben gerufen,  um die internationale Gemeinschaft, Staaten und Stakeholder dabei zu unterstützen, den entsprechenden politischen Willen und die Ressourcen zu mobilisieren. Hierfür sind nicht nur Koordination und Zusammenarbeit wichtig, sondern auch die Umsetzung zielgerichteter Maßnahmen, um diesem Themenkomplex wirkungsvoll zu begegnen. Seit seiner Gründung 2007 hat das Panel eine Handlungsstrategie entwickelt und Anstrengungen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele unternommen, indem  in erster Linie Problemstellungen im Bereich Wasser und Katastrophen angegangen wurden. Munich Re beteiligt sich seit den Anfängen an HELP, und ich schätze den Beitrag von Munich Re sehr.

    Das HLPW wurde 2016 auf gemeinsame Anregung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki-moon und des Präsidenten der Weltbank eingerichtet. Ziel ist es, in gemeinschaftlicher Verantwortung und Zusammenarbeit die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser sowie die Sanitärversorgung für alle Menschen mit dem gebotenen Nachdruck zu verbessern. Das Panel besteht aus elf amtierenden Staats- und Regierungschefs sowie einem Sonderberater. Das Ergebnis der zwei jährigen Arbeit des HLPW sind unter anderem Empfehlungen an die internationale Gemeinschaft für den Umgang mit drängenden Wasser-Problemstellungen während der bevorstehenden internationalen  UN-Aktionsdekade „Wasser für nachhaltige Entwicklung“.

    Hoch entwickelte Länder können es sich leisten vorzusorgen. Was sollen die ärmeren Länder tun?

    Unabhängig vom Entwicklungsstand leiden alle Nationen unter wasserbedingten Katastrophen. Allerdings trifft es die ärmsten Länder und Gegenden ungleich schwerer. Wenn besonders anfällige Gegenden von einer Katastrophe betroffen sind, kann auf einen Schlag der Entwicklungsfortschritt von Jahren zunichtegemacht werden – und der Wiederaufbau dauert mitunter Jahrzehnte. Ich will eines sehr deutlich betonen: Prävention und die Stärkung der  Resilienz zahlen sich auch in den Entwicklungsländern aus. Entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung sind Investitionen, die das Risiko wasserbedingter Katastrophen verringern und dabei den Fokus auf Prävention und Vorsorge legen.

    Wichtig sind aber auch ein effektiver Katastrophenschutz sowie Wiederaufbau- und Hilfsmaßnahmen. Die von Katastrophen am stärksten betroffenen Länder sind in der Regel auch am schlechtesten gewappnet. Klar ist: Investitionen in Präventionsmaßnahmen lohnen sich, denn die Vorteile überwiegen bei Weitem den Kapitaleinsatz. Ausschlaggebend sind frühzeitige Investitionen in die Risikominderung. Die Investitionen in Prävention müssen als Teil einer langfristig angelegten Strategie von der Politik nachhaltig unterstützt werden. Damit die Entwicklungsländer sowohl die Schäden als auch die Kosten relativ gering halten können, muss das Risiko-Knowhow in staatliche Regelwerke zur Risikoreduktion einfließen, um Infrastrukturprojekte resilienter planen und bauen zu können.

    Wenn es darum geht, Strategien zur Katastrophenvorsorge zu entwickeln oder in entsprechende Projekte zu investieren, können die Entwicklungsländer heute auf eine Fülle von Daten und Erfahrungen zurückgreifen, die in allen Teilen der Welt gesammelt wurden. Durch den Austausch von Wissen kann jedes Land die wirksamsten Maßnahmen bedarfsgerecht umsetzen.

    Ich denke auch, die Industrieländer müssten in der Entwicklungszusammenarbeit den Fokus stärker auf die Katastrophenvorsorge legen.  Im Moment konzentriert sich die  offizielle Entwicklungshilfe hier eher  auf Notfall- und Wiederaufbauhilfe. Vor diesem Hintergrund fördert HELP aktuell die Entwicklung von „Principles on Financing and Investment for Water-related Disaster Risk Reduction“. Ziel ist es, sowohl für die Entwicklungs- als auch die Industrieländer Leitlinien zu erarbeiten, um die Reduzierung von Katastrophenrisiken durch Investitionen wirkungsvoll zu unterstützen. Von ihrem Nutzen bin ich absolut überzeugt.

    Wie wichtig ist Versicherungsschutz?

    In die wasserbezogene Katastrophenvorsorge zu investieren, ist wichtig. Dennoch können unvorhersehbare Katastrophen jederzeit und überall eintreten – mit oft dramatischen 

    Folgen für die Menschen und ihre Lebensgrundlagen. Eine Hochwasserversicherung ist ein zentraler Bestandteil der Absicherung, indem sie rasche Reparatur- und Wiederaufbaumaßnahmen ermöglicht.

    Allerdings verringern Versicherungen nicht das Katastrophenrisiko oder die Schäden an sich. Vielmehr leistet eine Versicherung einen wertvollen Beitrag zur Bewältigung. Sie ergänzt die unverzichtbaren Maßnahmen der Risiko -minderung und Katastrophenvorsorge.

    Was kann getan werden, um den  Versicherungsschutz in entwicklungsschwachen Regionen auszubauen?

    In armen Ländern ist der Prozentsatz der versicherten Schäden bei Naturkatastrophen verschwindend gering, in reichen Ländern liegt er dagegen bei 25 Prozent. Den Versicherungsschutz in weniger entwickelten Regionen auszubauen, halte ich daher für eine wichtige Aufgabe.

    Ein Lösungsansatz ist die Einführung von Kleinstversicherungen für wetterbedingte Risiken. Eine solche Mikroversicherung bietet einkommensschwachen Haushalten, Bauern und Gewerbetreibenden im Katastrophenfall rasche Auszahlungen. Das sichert Existenzen und ermöglicht Wiederaufbaumaßnahmen. Außerdem bekommen versicherte Haushalte und Bauern leichter Kredite. So kann die Mikroversicherung dazu beitragen, Investitionen in Produktivvermögen und risiko-, aber dafür ertragreichere Anbaupflanzen zu ermöglichen. Bei entsprechender Gestaltung entfaltet Versicherungsschutz auch präventive Wirkung und fördert Investitionen in die Katastrophenvorsorge.

    Darüber hinaus ist es wichtig, den Entwicklungsländern geeignete Versicherungsinstrumente gegen Naturkatastrophen an die Hand zu geben, indem man den Ländern hilft, bestimmte Hürden zu überwinden. Beispielsweise, wenn es um die Berechnung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Katastrophen geht, die erforderlich ist, um risikoadäquate Beiträge festzulegen. Solche Informationen liegen den Regierungen dieser Länder nur selten vor. Die internationale Gemeinschaft kann hier das notwendige Fachwissen beisteuern, um die Rahmenbedingungen für Versicherungsinstrumente auszuhandeln und festzulegen. Mit dieser Unterstützung wären die Entwicklungsländer in der Lage, Versicherungsschutz  zu kaufen, um den von Katastrophen betroffenen Menschen zu helfen, schnell zur Normalität zurückzufinden.

    Die UN-Dekade „Wasser für nachhaltige Entwicklung“ beginnt im März 2018. Was möchten Sie bis 2028 erreichen?

    Die neue Dekade adressiert sämtliche Problemstellungen zum Thema Wasser: Wasser- und Sanitärversorgung, Ressourcenmanagement und Kata strophenvorsorge. Weltweit wächst das Interesse, die Risiken in diesem Bereich einzudämmen. Deshalb begrüßt HELP die Aktionsdekade und möchte nach Kräften dazu beitragen, die Ziele der Sustainable Development Goals, des Pariser Abkommens und des Sendai Framework zu erreichen.

    Die Fragen stellte Wolfgang Kron, Forschungsleiter Hydrologische Gefahren, Munich Re, und Berater von HELP

    HELP engagiert sich mit einer Reihe von Maßnahmen für die Reduzierung von wasserbedingten Risiken: Veröffentlichung von bewährten Vorgehensweisen und Leitlinien; Entwicklung, Einführung und Hilfe bei der Umsetzung der zuvor erwähnten „Principles“; Einrichtung einer Schadendatenbank sowie eines beschleunigten Berichtssystems für Schäden bei Mega-Katastrophen; Förderung von Forschung und Entwicklung zur Katastrophenvorsorge sowie der Anwendung von innovativen Technologien vor Ort; und ganz allgemein Schaffen einer einheitlichen Datengrundlage, um Indikatoren zu ent wickeln, die es Staaten ermöglichen, Prioritäten zu setzen, ihre Bürger einzubeziehen und den Fortschritt zu messen.

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