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Worin bestanden die größten Herausforderungen beim Bau?
Worauf müssen Betreiber, Baufirmen und Versicherer beim Tunnelbau besonders achten?
Ganz wichtig ist, dass der Bauherr ein erfahrenes Projektmanagementteam zur Verfügung hat. Die Aufträge sollten an kompetente Unternehmer vergeben werden die in früheren Projekten nachgewiesen haben, solche Bauvorhaben termin- und kostengerecht sowie qualitativ hochwertig ausführen zu können. Arbeitsschutz, Qualitäts- und Risikomanagement sollten höchsten Anforderungen genügen und bereits bei den Vorabplanungen berücksichtigt werden.
Unabdingbar ist zudem ein erprobtes und faires Vertragskonzept zwischen Bauherr und den beteiligten Bauunternehmen, um Rechtsstreitigkeiten bei Nachträgen zu vermeiden. Manche Baufirmen suchen während der Angebotsbearbeitung bewusst nach Schwachpunkten im Vertragswerk. Nach Abgabe eines sehr günstigen Angebots bekommen sie den Zuschlag und versuchen später, durch zahllose Nachträge auf ihre Kosten zu kommen. Diese Strategie kommt in den vergangenen Jahren verstärkt zur Anwendung, und immer öfter landen Bauprojekte dann vor Gericht. Manche Bauherren wiederum versuchen, möglichst viele Risiken auf die Baufirma abzuwälzen. Besonders problematisch wird das, wenn ein Festpreisvertrag abgeschlossen wird und das Baugrundrisiko von der Baufirma übernommen wird. Treten unvorhergesehene Baugrundbedingungen ein, was im Tunnelbau häufig der Fall ist, sind oftmals Mehrkosten und Zeitverzögerungen die Folge. Hier kommt das „Magische Dreieck des Bauwesens“ ins Spiel: Wenn von den drei wichtigsten Faktoren Zeit, Budget und Qualität nur einer aus dem Ruder läuft, sind meistens die beiden anderen auch betroffen.
Für Versicherer ist schließlich noch entscheidend, auf ein eindeutiges Policenwording zu achten. Je klarer die Bestimmungen formuliert sind, desto eher ist eine korrekte und faire Schadenregulierung wahrscheinlich. Vage oder widersprüchliche Formulierungen führen hier zwangsläufig zu Auslegungsunsicherheiten die im Extremfall vor Gericht entschieden werden müssen. Selbstverständlich achten wir auch bei solchen Projekten auf die Einhaltung der „Principles for Sustainable Insurance“ und der einhergehenden ökologischen, sozialen und governance Faktoren (sogenannte ESG-Faktoren).
Wie kann man gewährleisten, dass das Risikomanagement nicht unter engen Zeitplänen und knappen Budgets leidet?
Inwieweit ist der von der International Tunneling Insurance Group, einem Zusammenschluss von Versicherern und Vertretern der Bauindustrie, erarbeitete „Code of Practice for Risk Management of Tunnel Works“ hilfreich?
Bei der Versicherung von Tunnelprojekten hat eine Prämienerosion stattgefunden. Worauf sollte ein Versicherer bei diesen Großprojekten besonders achten?
Wie beurteilen Sie die weitere Prämienentwicklung?
Der Markt entwickelt sich weiter nach unten, eine Erholung des Ratenniveaus ist zumindest kurzfristig nicht in Sicht. Waren es bis vor wenigen Jahren noch rund 20 Firmen, die Tunnelprojekte versichert haben, konkurrieren hier inzwischen bis zu 50 Gesellschaften. Eine Besonderheit bei der Versicherung von Tunnelprojekten ist, dass die Policen eine lange Laufzeit haben, die Beiträge aber schon relativ früh gezahlt werden. Das kann zum sogenannten „Cashflow-Underwriting“ verleiten, bei dem Underwriter unter Missachtung einhergehender Risiken und erforderlicher adäquater Versicherungsbedingungen zunächst ihren Umsatz maximieren. Die Schäden folgen oft erst zu einem viel späteren Zeitpunkt.
Angesichts der niedrigen Prämien reichen schon einige kleinere oder wenige größerer Schäden im Portfolio aus, um schließlich Verluste auflaufen zu lassen. Diese werden dann erst spät – teilweise zu spät - realisiert, um noch gegensteuern zu können. Als Munich Re betreiben wir hier aktives Zyklusmanagement, d.h. zu unseren Bedingungen agieren wir gerne weiter als führender Versicherer, können uns ansonsten aber bei gegebenen Marktbedingungen wenn überhaupt nur mehr selektiv und mit reduzierten Anteilen beteiligen. Dabei ist neben der Qualität des Risikos und des Risikomanagements beim Kunden für uns auch entscheidend, inwieweit die angesprochene Rechtsunsicherheit in einem Markt zum Tragen kommt und wie gut wir das Verhalten der Beteiligten einschätzen können. Letztlich führt kein Weg daran vorbei, dass wir unsere Kapazitäten weiter zurückfahren. Denn wir wissen aus früheren Marktzyklen, wie es ausgeht, wenn insbesondere bei langfristigem Geschäft wie großen komplexen Bauprojekten ein erforderliches Prämienniveau dauerhaft unterschritten wird und die Schäden später nachlaufen.
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